Posted by: eleucht | 13. Juni 2019

„Was heißt hier Deutsch“ – Wolfgang Krischke

Die Bücher, über die ich schreibe oder die ich rezensiere, wurden von mir gekauft. Es gibt keinerlei geschäftliche oder anders geartete Beziehungen zu den Verlagen, Verlagsgesellschaften oder Autoren.

Deutsch 001Ein Sachbuch zum Thema deutsche Sprache. Und das liest sich durchaus spannend, denn es ist ein abenteuerlicher Weg, den unsere Sprache im Laufe der Jahrhunderte zurückgelegt hat. In allgemein verständlichen Worten beschreibt der Autor die Entwicklung der deutschen Sprache, und das stets im Zusammenhang mit der deutschen Geschichte. Denn beides gehört untrennbar zusammen. Die geschichtlichen Bewegungen hatten einen nicht unwesentlichen Einfluss auf das Sprachverhalten und die Schriftsprache. Denn Deutschland war kein Zentralstaat wie zum Beispiel Frankreich, sodass sich aus vielen unterschiedlichen Dialekten nur mühsam eine einheitliche Sprache entwickelte. Und diese hatte viele Paten, von Martin Luther, der mit seiner Bibelübersetzung den Wortschatz der damals gebräuchlichen Sprache extrem erweiterte, über Jacob Grimm bis hin zu Konrad Duden. Stets standen sich dabei auch widersprüchliche Ansichten gegenüber; während die einen zum Beispiel für eine totale Vereinfachung der Schriftsprache plädierten, gingen andere daran, die Ausdrucksmöglichkeiten auf der Basis einer einheitlichen Regelung zu erhalten und zu erweitern.

Dabei hatte es das Deutsch in all den Jahrhunderten nicht immer leicht. Die Gelehrten und Kirchenmänner sprachen Latein, während Deutsch die Sprache des gemeinen Volkes war. Später dominierte das Französische in der besseren Gesellschaft, das auch nach der Besetzung der deutschen Länder durch Napoleon noch einmal an Bedeutung gewann. Viele Lehnwörter, die auch heute noch in Gebrauch sind, legen Zeugnis davon ab. Viele von ihnen sind längst Teil der deutschen Sprache geworden, dass wir ihre Herkunft kaum mehr erahnen.

Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation sprach nur das Volk deutsche Dialekte, die Regenten und Fürsten bevorzugten Latein.

Wer spricht eigentlich hochdeutsch? Dieser Begriff bezeichnet heute den dialektfreien Gebrauch der deutschen Hochsprache. In früher Vergangenheit meinte das Hochdeutsche allerdings die Sprache der Völker in den höher gelegenen deutschen Landen, Sachsen, Franken, Bayern, Hessen etc. Sächsisch wäre demzufolge eine hochdeutsche Sprache, während dialektfreies Deutsch bevorzugt in und um Hannover gesprochen wurde. Dies wurde als niederdeutsch bezeichnet.

Der Autor zeigt an vielen Beispielen, wie sich die Sprache im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, wie sie abgeschliffen wurde, wie sie Fremdworte aufsaugte und integrierte, während andere Begriffe in Vergessenheit gerieten, wie sich Laute verschoben und Endungen verschwanden, wie die Sprache immer ökonomischer wurde. Dieser Prozess geht selbstverständlich weiter, lebendige Sprache ist ständig in Bewegung, wie auch an den letzten Rechtschreibreformen, die mitzuerleben wir das Glück hatten, zu sehen ist. Der allgemeine Sprachwandel wird zuerst in der mündlichen Ausdrucksweise sichtbar, während die Schriftsprache viele Spracheigenheiten für lange Zeit konserviert. Schon oft wurde der Verfall der deutschen Sprache beklagt oder gar deren Untergang heraufbeschworen. Die angeblichen Vereinfachungen im allgemeinen Sprachgebrauch führten aber bisher stets dazu, dass die Sprache Wege fand, ihre differenzierten Ausdrucksmöglichkeiten zu bewahren oder gar zu erhöhen. Insofern braucht uns um die deutsche Sprache nicht bange zu sein.


Kategorien

Entdecke mehr von One of these days

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen