Posted by: eleucht | 18. September 2022

Classic Rock Sunday

Eines der obersten Prinzipien der Punk-Band Die Ärzte ist es, niemals, unter keinen Umständen mit der Bildzeitung zu sprechen. Davon ist die Band auch niemals abgewichen. Eine Einstellung, die zweifellos eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der Musiker hat. Dass die Plattenbesprechungen der BILD für die Ärzte nicht gerade euphorisch ausfallen, sollte also niemanden wundern. Gab es etwas über die Band zu berichten, musste die Redaktion der BILD auf andere Quellen verweisen. So mussten die Ärzte kürzlich auch für einen Empörungsartikel zum Thema Cancel Culture herhalten. Es hieß, „ab sofort spielt die Band ihren Titel Elke nicht mehr“. Farin Urlaub hätte ein Machtwort gesprochen. Reiner Zufall natürlich, dass das kurz nach der künstlich hochgespielten Aufregung um den „Skandal“-Song Layla geschah. Nun also üben auch die Punk-Rocker „Zensur im Interesse der politischen Korrektheit“ aus.

Tatsache ist, dass die Ärzte das Stück schon seit 2011 nicht mehr live spielen, weil es frauen- und dickenfeindliche Textpassagen enthält. BILD bezog sich beim Artikel auf den Tweet einer Konzertbesucherin, die wohl während eines der letzten Konzerte gehört hatte, wie Farin Urlaub, Bela B und Rodrigo herumalberten und sich gegenseitig auf den Arm nahmen und dabei erklärten, weshalb sie den Song Elke nicht mehr spielen.

Wie so oft haben andere Redaktionen diese „aktuelle“ BILD-Nachricht übernommen und weiterverbreitet. Die Zeit, Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt und Ursprung zu überprüfen, nimmt sich bedauerlicherweise kaum mehr jemand.

Wie heißt es im Ärzte-Stück Lasse redn so schön: „Die meisten Leute haben ihre Bildung aus der BILD / und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht, aus Angst, Hass Titten und dem Wetterbericht.“ Ein Text, den BILD seinen Lesern wahrscheinlich vorenthält. Möglicherweise wegen des hohen Wahrheitsgehalts. Dafür wird gerade diese Zeile bei Ärzte-Konzerten begeistert mitgesungen.


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