
Der Jahrhundertschritt ist eine Bronzeplastik, die 1984 von Wolfgang Mattheuer geschaffen wurde. Mattheuer gehörte neben Werner Tübke und Bernhard Heisig – alles Vertreter der Leipziger Schule – zu den bedeutendsten Künstlern in der DDR. So zählte auch diese Bronzeplastik zu den wichtigsten Kunstwerken der ehemaligen DDR. Die Thematik aber ist zeitlos und grenzübergreifend. Die Plastik steht als Symbol für die Zerrissenheit des 20. Jahrhunderts. Wolfgang Mattheuer hat mit dieser Skulptur eine eigene mythologische Figur erschaffen. Das Auffälligste an der Plastik sind die überdimensionalen Extremitäten, Arme und Beine, die einen riesigen Schritt vollziehen. Der Körper selbst wirkt gedrungen, der Kopf eingezogen, als wäre er gar nicht vorhanden. Eine Hand ist zum Hitlergruß ausgestreckt, die andere zur Arbeiterfaust geballt. Analog dazu hat das eine Bein einen nackten Fuß, der Fuß des anderen steckt in einem Militärstiefel. Ein Schritt, der weit voranschreitet und eine Menge überbrückt. Nicht nur Zeit. Da ist viel freier Platz zwischen beiden Füßen – die Mitte. Sie wirkt/ist vergessen.


Wolfgang Mattheuer wurde 1927 im vogtländischen Reichenbach geboren. Er arbeitete an der Umsetzung seiner Idee zum Jahrhundertschritt im Garten seiner Geburtsstadt. Von der Plastik existieren zwei Eisengüsse und vier Bronzegüsse, die an unterschiedlichen Orten aufgestellt sind, z.B. an der Berliner Volksbank, dem Haus der Geschichte in Bonn und dem Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig. Das letzte noch unverkaufte Exemplar wurde 2017 von der Stadt Reichenbach für 180.000 € erworben. Das Geld wurde zum größten Teil durch Spenden aufgebracht. Im November 2020 erfolgte die Aufstellung der Plastik auf dem Solbrigplatz in Reichenbach.
