Gestern im böhmischen Cheb. Ein schöner Frühlingstag. Die Forsythien blühen in strahlendem Gelb, im Restaurant „Valdštejn“ gleich gegenüber dem Rathaus gibt es Sauerbraten mit Preiselbeeren und böhmischen Knödeln.
Wieder draußen, wird man siebzig Jahre zurückversetzt. Man befindet sich in der alten Reichsstadt Eger. Neben dem Rathaus wurde ein Luftschutzraum eingerichtet, an der Wand hängt eine Hakenkreuzfahne. Soldaten der Wehrmacht und der SS patrouillieren vor den schönen Bürgerhäusern, ein Gestapomann mit Hut und Ledermantel gibt Anweisungen, man grüßt mit dem erhobenen rechten Arm, zwei Frauen schieben einen Kinderwagen über den Platz. Spannung liegt in der Luft. Die Amerikaner rücken näher. Soldaten und Volkssturmmänner befinden sich auf dem Rückzug, bringen schlechte Nachrichten für die in der Stadt verbliebenen Deutschen. Aus dem Rathaus werden hektisch Dokumente geworfen und verbrannt. Die Zeit wird knapp. Ein Hauptmann bellt Befehle, Soldaten eilen im Laufschritt über den Marktplatz und suchen rund um den Špalíček Deckung, ein Schützenpanzer rollt heran, geht in Stellung. Schüsse peitschen über den Platz, Maschinengewehrfeuer antwortet, eine Panzerfaust wird abgefeuert, Granaten schlagen ein. Die Luft ist geschwängert von Pulverrauch.
Meter für Meter rücken die amerikanischen Einheiten vor. Jeder Landgewinn wird teuer bezahlt. Auf dem Marktplatz bleiben Tote und Verwundete zurück.
Der deutsche Schützenpanzer brennt aus, die letzten Volkssturmmänner ergeben sich, für Eger ist an diesem Tag der Krieg zu Ende.
Zum 70. Jahrestag der Befreiung erinnert die Stadt mit dieser beeindruckenden und auch beklemmenden Vorstellung noch einmal an die Geschehnisse dieses historischen Tages.
Gut zu wissen, dass diese Zeiten vorbei sind und das sinnlose Sterben ein Ende hat. Und man im „Valdštejn“ einen ausgezeichneten Sauerbraten mit Preiselbeeren und böhmischen Knödeln bekommt.
Sehr eindrucksvoll von Dir beschrieben, lieber Eberhard!
Herzliche Wochenendgrüße
von Constanze & Wolfregen
By: Wolfregen & Constanze on 26. April 2015
at 15:08
Was für ein Ausflug. Vielen Dank.
By: Arabella on 26. April 2015
at 15:21
Ja, das war wirklich sehr beeindruckend. Mir sind dabei mehr als nur einmal eiskalte Schauer über den Rücken gerieselt. Allein der Auftritt des Gestapomannes hatte etwas Gespenstisches an sich. Authentischer als jeder Geschichtsunterricht oder jede Fernsehdoku.
LG, Eberhard
By: eleucht on 26. April 2015
at 20:55
Das glaube ich. Selbst die Bilder machen einen schaudern.
Einen guten Sonntagabend wünsche ich Dir.
By: Arabella on 26. April 2015
at 20:58
Sehr sehr beeindruckend! Man darf das nicht aus seinen Gedanken streichen und wir können so dankbar sein, in Frieden leben zu können!
Herzliche Grüße,
Marlis
By: wederwill on 1. Mai 2015
at 09:01