Verfasst von: eleucht | 5. Juni 2020
NSA Nationales Sicherheits-Amt – Andreas Eschbach
Die Entwicklung des Komputers begann im 19. Jahrhundert in England in Form einer mit Dampf und Lochkarten betriebenen analytischen Maschine. Danach macht die Verarbeitung von Informationen große Fortschritte, und zwar beginnend im Deutschen Kaiserreich. Schon im Weltkrieg von 1914 bis 1917 spielte die Datenverarbeitung eine große Rolle. Trotz des technologischen Vorsprungs verlor Deutschland den Krieg. In der Weimarer Republik beginnt das Zeitalter der tragbaren Telefone, mit denen man nicht nur telefonieren, sondern sich auch ins Weltnetz einwählen kann. Austausch von Meinungen erfolgt im Deutschen Forum oder im Weltforum. Nach der Machtübernahme der NSDAP wird die Datenverarbeitung perfektioniert. Das ist die Ausgangssituation in diesem Alternativwelt-Roman von Andreas Eschbach.
Man ahnt schon, das sind düstere Aussichten, denn neben der Verbreitung von Propaganda lässt sich diese Technik vor allem zur fast lückenlosen Überwachung des Volkes benutzen. Wenn sich die Mobiltelefone in den einzelnen Funkzellen anmelden, lassen sich Bewegungsabläufe genau nachvollziehen. Das Bargeld ist abgeschafft. Hoppla, darüber wird ja auch heutzutage ausgiebig diskutiert! Somit kann jede noch so kleine Kontobewegung überprüft werden. Was kaum jemand weiß, alle Daten werden nicht nur auf den Telefonen gespeichert, sondern in großen Datensilos, auf die die Spezialisten des Nationalen Sicherheits-Amtes jederzeit Zugriff haben. Auf diese Weise lassen sich recht genaue Profile von Menschen erstellen und mögliche Staatsfeinde herausfiltern. Das Nationale Sicherheits-Amt steht in Weimar, das eine Zeit lang scheinbar unter dem Radar der Staatsmacht agiert. Dort sind die beiden Hauptfiguren des Romans angestellt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Helene Bodenkamp ist die unauffällige graue Maus, der blonde, blauäugige Eugen Lettke als Sohn eines Kriegshelden der Strahlemann, der sich stets gut in Szene zu setzen weiß. Ihm geht es vor allem darum, unabkömmlich im NSA zu sein, um nicht an die Front abkommandiert zu werden. Programmieren ist Frauenarbeit, man nennt sie Programmstrickerinnen, den Männern ist die analytische Arbeit am Komputer vorbehalten, das Aufspüren von Staatsfeinden, das Erkennen von Unregelmäßigkeiten der in den Datensilos gespeicherten Tabellen und das Erstellen von Profilen. Helene und Eugen sind ausgesprochene Experten auf ihrem Gebiet, wobei Lettke nach einigen unangenehmen Erfahrungen als Jugendlicher die Technik für einen persönlichen Rachefeldzug zu gebrauchen weiß. Darin erweist er sich als besonders erfolgreich.
Die Wege der beiden Figuren kreuzen sich schicksalhaft immer wieder. Als sie zusammen an neuen Projekten arbeiten, beginnt Helene zu begreifen, dass die Programme, die sie vervollkommnet, unter anderem auch die Menschen, die sie liebt, in große Gefahr bringen. Eine Zeit lang gelingt es ihr dank ihrer Fähigkeiten, gewisse verräterische Daten zu verschleiern, doch plötzlich dreht sich der Wind. Die SS übernimmt das Amt und die Ereignisse überschlagen sich. Nun geraten auch Helene und Eugen Lettke ins Visier der Staatsmacht, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen.
Der Roman überrascht mit unerwarteten Wendungen, am Ende erlebte ich die schlimmstmögliche Dystopie überhaupt. Immerhin, wir wissen selbst, was mit der heutigen Technik schon möglich ist. Der Roman sollte als Warnung verstanden werden, diese Technik verantwortungsvoll zu nutzen. Wenn es dazu aber mal nicht schon zu spät ist. Andreas Eschbach geht in seinem Roman sehr ins Detail, sowohl was die menschliche Seite betrifft als auch die technische, was die Geschichte auf erschreckende Weise äußerst realistisch erscheinen lässt.
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …
Ähnliche Beiträge