Die Bücher, über die ich schreibe oder die ich rezensiere, wurden von mir gekauft. Es gibt keinerlei geschäftliche oder anders geartete Beziehungen zu den Verlagen, Verlagsgesellschaften oder Autoren.

Ein Roman über Bücher und den Wert von Büchern in den Augen der Menschen zu unterschiedlichen Zeiten und in verschieden Gesellschaftssystemen, ein Roman über die Befindlichkeiten der Ostdeutschen am Beispiel der Sachsen, ein Roman mit Lokalkolorit.
Norbert Paulini liebt seit frühester Kindheit Bücher und das Lesen, er will nichts anderes tun als lesen. So schlägt er einen Weg ein, der ihm das ermöglicht. Die Geschichte beginnt in der DDR. Paulini, elitär und belesen, gelingt es auch, die NVA-Zeit auf diese Weise zu überstehen. Später geht einer seiner größten Wünsche in Erfüllung, er eröffnet ein Antiquariat und er wird zu einem Original. Die Location wird bald schon Treffpunkt von Bibliophilen, Literaten, zukünftigen Autoren und Lesern. In manchen Worten Paulinis aber wird schon ein etwas fragwürdiges Frauenbild sichtbar. Er heiratet schließlich vor allem, um der Konvention eines bürgerlichen Lebens gerecht zu werden. Seine Frau, eine Friseurin, ist SED-Genossin, ihre Lektüre beschränkt sich auf Tages- und Wochenzeitungen.
Die Wende im Jahr 1989 verfolgt Paulini wohlwollend und optimistisch.
Bald schon treten Veränderungen in seinem Wesen auf, die viele seiner Freunde überraschen, manche von ihnen auch abstoßen. Paulini erkennt, dass in einer Welt, in der ständig alles verfügbar ist, seine gehorteten Schätze an Wert verlieren. Sie werden von den Kunden billig und unter Wert verramscht, was er, dem Bücher alles bedeuten, nicht verstehen kann. Es kommt noch schlimmer. Die westdeutschen Besitzer der Villa, in dem sich sein Antiquariat befindet, verlangen ihr Eigentum zurück, er ist gezwungen, mitsamt seiner Bücher umzuziehen. Später muss er mitansehen, wie sie die Villa verkommen lassen. Dem großen Hochwasser 2002 fallen auch eine Menge seiner in einer Scheune zwischengelagerten Bücher zum Opfer. Einer seiner schlimmsten Augenblicke ist es, als er Bücher auf einer Müllhalde entdeckt. Vor allem DDR-Ausgaben wurden massenhaft auf diese Weise entsorgt. Als sich herausstellt, dass seine Frau als IM für die Stasi arbeitete, lässt er sich von ihr scheiden. Später muss er erleben, dass sie geschäftlichen Erfolg hat und mehrere Friseursalons eröffnet, während er in einem Supermarkt Regale einräumt.
Seine Freunde und Bekannten erkennen die Veränderungen bei Paulini, die sich schleichend einstellen. Der Autor beschreibt das sehr subtil, in den Worten des Bildungsbürgers Paulini schallt das Echo von Pegida wider.
Das Buch ist dreigeteilt. Im ersten Teil beschreibt ein Ich-Erzähler das Leben des Norbert Paulini aus der Sicht eines Bewunderers. Doch die anfängliche Verklärung weicht später der Ernüchterung. Der Teil endet mitten im Satz. Im zweiten Teil kommt ein Autor namens Schultze zu Wort – im Gegensatz zum wirklichen Autor des Romans, der sich Schulze schreibt –. der eine Novelle über das Dresdener Original plant. Er verliebt sich in Lisa, die seit vielen Jahren Paulini sehr nahe steht, eigentlich sogar als dessen Freundin bezeichnet werden darf. Er kann die Geschichte also nur aus subjektiver Sicht, auch durch die Brille der Eifersucht, sehen. Zu Beginn des dritten Teil erfährt der Leser vom Tod Paulinis und dessen Freundin Lisa. Beide sind von einem Felsen im Elbsandsteingebirge gestürzt. Unfall, zweifacher Selbstmord oder Mord? Der dritte Teil ist aus der Sicht der westdeutschen Lektorin des Autors Schultze geschrieben. Sie geht auf Spurensuche. Paulinis verkleinertes Antiquariat ist nun in den Händen eines Bücher liebenden Bosniers. Aufklärung über den Hintergrund von Paulinis Tod erwartet man vergeblich. Wo gegensätzliche Meinungen unverbrüchlich aufeinanderprallen, endet jede Diskussion in gegenseitigen Vorwürfen und Warnungen, aber eben ohne Ergebnis und ohne Klarheit.
Wie im wirklichen Leben oftmals auch.