
Völlig unvorbereitet stolperte ich dieser Tage in Mastodon über eine interessante Wortkreation – Mitglieder:Innen. Gendern auf Teufel komm raus, war mein erster Gedanke, da der Autor offenbar die Tatsache missachtet hat, dass es sich bei dem Wort Mitglieder keineswegs um ein generisches Maskulinum handelt, auch wenn es mit dem -er am Ende so klingt, sondern der Plural des Wortes Mitglied ist, ein Neutrum. Was wäre denn der Singular von Mitglieder:Innen? Die Mitglieder:In? Oder?

Ich habe nachgefragt, ob er auch das Wort Kinder gendert und demzufolge Kinder:Innen schreibt. Schließlich handelt es sich dabei um ein Wort, das ebenfalls ein Neutrum ist und das im Plural mit -er endet.
Eine Antwort habe ich bisher nicht bekommen, werde ich wohl auch nicht mehr. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man in gewissen Kreisen offenbar zu sehr mit der Weltrevolution beschäftigt ist, als dass man Rücksicht auf die Regeln der deutschen Sprache nehmen könnte. Wahrscheinlich beginnt die Revolution mit einem heftigen Gendersturm, der alle Sprachgepflogenheiten der Menschen hinwegfegen wird. Aber bevor es losgeht, werden erst einmal Weihnachtsplätzchen gebacken und passenderweise mit Symbolen des Klassenkampfes verziert.
Zwar gibt es in Deutschland ein Regelwerk für Rechtschreibung und Grammatik, auch Duden genannt, es ist aber nicht verpflichtend, es anzuwenden. Deswegen ist Gendern in Deutschland ja auch erst möglich. In Zentralstaaten wie Frankreich sieht das ganz anders aus. Was nichts anderes heißt, als dass hier jeder schreiben kann, wie es ihm gerade gefällt. Es sei denn, eine Institution, eine Schule, eine Verwaltung, eine Uni oder ein Unternehmen etwa, legt Regeln für die Kommunikation intern und nach außen fest.
Ansonsten sollte man sich eben austoben und gendern, was das Zeug hält. Und wenn man einmal anfängt, ein Wort wie Mitglieder zu gendern, dann gibt es keinen Grund irgendwo haltzumachen. Nehmen wir zum Beispiel das Wort Mensch. Maskulin wie nur irgendwie möglich. Der Mensch. Spricht man deswegen den Frauen das Menschsein ab? Wer hält uns davon ab, eine feminine Form des maskulinen Wortes Mensch zu kreieren? Richtig, niemand, wenn man den Regeln, die irgendwelche Menschen irgendwann aufgestellt haben, keine Beachtung schenken möchte. Wie wär’s also mit „die Menschin“? Oder lieber Mensch:In, damit auch auf den ersten Blick sichtbar wird, dass hier gegendert worden ist? Im Plural natürlich: Mensch:Innen.
Andererseits steht dem Mensch aber auch die Person gegenüber, und die ist, ohne den geringsten Zweifel, unbeschreiblich weiblich. Vielleicht sind Männer ja Menschen, aber keine Personen? Ergibt irgendwie keinen Sinn. Um auch den männlichen Teil der deutschen Bevölkerung im femininen Begriff der Person, die Personen abzubilden, könnte man ohne Rücksicht auf irgendwelche Befindlichkeiten der Sprachpolizei eine Wortschöpfung wie Personer verwenden. Das endet wie auch viele andere Maskulina – oder was man dafür hält – mit einem kernigen -er. Generisch oder nicht.
Allerdings sehe ich die Gefahr, dass, wenn der Begriff nur lange genug in Gebrauch ist, ein Genderideologe in missionarischem Eifer den Ursprung des Wortes vergessen hat und der Meinung ist, es müsste gegendert werden – und die Welt mit dem Wortungetüm Personer:Innen überrascht.
Dann wäre der Höhepunkt des Genderwahns erreicht.
Wer, aus welchen Gründen auch immer, gendern will oder muss, sollte wenigstens versuchen, es richtig zu tun. Im Internet findet sich fachkundige Hilfe, z.B. auf der Seite https://www.genderator.app/. Dort kann man u.a. auch erfahren, dass ein Wort wie Mitglieder nicht gegendert werden sollte. Es sei denn, man möchte das Gendern ad absurdum führen oder der Lächerlichkeit preisgeben. Dann nur immer weiter so. Vielleicht ist das ja die Intention derer, die das so übereifrig praktizieren.
Man möge Verständnis dafür haben, dass für mich weiterhin die Regeln aus der Heiligen Schrift des Duden-Verlages gelten werden.