Das Unfassbare ist geschehen. ER ist wieder da! In seinen eigenen Worten beschreibt der Führer des ehemaligen Großdeutschen Reiches seine Rückkehr in die Welt des Jahres 2011, und er scheut sich dabei nicht, in mehr als ausreichendem Maße das Wort Vorsehung zu bemühen. Seiner einstigen Gefolgsleute beraubt, sich gedanklich noch im Kriegszustand befindend, geht er daran, die ihm fremde Welt zu erkunden. Seine erste Station ist ein Kiosk in Berlin. Seine launigen Kommentare zum Zustand des Reiches und seine Sicht auf die neue Gegenwart sorgen durch ihre ungewollte Situationskomik oft genug für Heiterkeit bei den Kunden. Es kann nicht ausbleiben, dass man bald auf ihn aufmerksam wird, sein Weg führt direkt ins Fernsehen – in die Sendung eines türkischstämmigen Comedians namens Ali Wizgür.
Er versteht es ausgezeichnet, seine Umwelt zu analysieren, er erkennt schnell die Möglichkeiten, die die neuen Medien ihm auf seinem geplanten Propagandafeldzug ermöglichen. Einmal den Fuß im Geschäft, lässt sich einer wie Hitler nicht mehr aufhalten. Auch seine Anhängerschaft, die Anhängerschaft eines Comedians, der sich als Adolf Hitler im Fernsehen eifernd und geifernd zum Affen macht, um seine abstrusen Ideen an den Mann zu bringen, wächst innerhalb kurzer Zeit sehr schnell.
Das ist Satire der bitterbösesten Art, die auf einer anderen Ebene gerade deswegen besonders bedrohlich wirkt und dem Leser gnadenlos einen Spiegel vorhält. Haben nicht auch schon bei Hitlers Aufstieg anfangs viele über ihn gelacht, ihn ausgelacht, haben ihm nicht auch Repräsentanten der Regierung (von Papen beispielsweise) keine zwei Jahre gegeben, dann sei er weg vom Fenster? Man weiß, es ist anders gekommen.
Der Roman ist in seiner Struktur sehr vielschichtig, gekonnte Winkelzüge und Kniffe führen den Leser immer wieder in die Falle. Man folgt den Gedankengängen Hitlers, dessen Weltbild beim Zusammenprall mit der Gegenwart und aktuellen Ereignissen so lächerlich erscheint, obwohl dem Leser die Opfer genau dieser Ideologie bekannt sind. Hinter jedem Lachen – und lachen muss man häufig, es ist eine Satire – lauert der dunkle Schatten der Manipulation. Und darauf verstehen sich die Demagogen ausgezeichnet. Sie wissen um die Macht der Bilder. Die Maske des Biedermanns, des Kinderfreundes, des Autobahnbauers oder eben des Comedians, alles ist nur Mittel zum Zweck auf dem Weg zur absoluten Macht. Wenn Hitler sich Sorgen um die Volksgesundheit der Jugend macht, so rechnet er bereits in Divisionen für kommende Feldzüge. Man kennt die Geschichte, weiß, dass Hitler nicht mit einem Staatsstreich an die Macht kam, sondern durch Wahlen. Die verhasste Demokratie diente ihm als Mittel, seinen Machtanspruch zu rechtfertigen, um sie am Ende mit Füßen zu treten. Die Figur des Hitler mit seinen Erinnerungen, seinem Geschichtsbild und seinem Frauenbild reflektiert unsere heutige Welt, was ständig groteske Situationen generiert. Wir dürfen lachen, wie Timur Vermes dieses Weltbild eines Einzelnen im Spiegel der Gegenwart der Lächerlichkeit preisgibt. Aber können wir wirklich sicher sein, dass aus solchen Ideen, die sich hinter volkstümlichen Worten gekonnt zu verbergen verstehen, nicht eines Tages erneut eine Bewegung entsteht?
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