Verfasst von: eleucht | 13. Juli 2017

Sehnsucht

IMG_0019Bunte Blumenpracht säumt die Wege und verzaubert den Tag mit einer Sinfonie aus leuchtenden Farben. Der feine Kies knirscht unter den langsamen Schritten. Sonnenstrahlen küssen die vornehme Blässe der Haut. Das Blau des Himmels scheint zu schön, um wahr zu sein, wie aus einem Traum von einer längst vergangenen Zeit. Einem Traum, der am Tag zuvor Wirklichkeit gewesen war, als sich eine behandschuhte Hand zärtlich auf ihre nackte Schulter legte und heimlich gewechselte Blicke unter dem grünen Baldachin eines Laubenganges mehr als Worte sagten und Hoffnung weckten, als ein flüchtiger, scheuer Kuss auf den Handrücken die Schatten der Vergangenheit vertrieb und ihr Herz schneller schlagen ließ. Sie saßen nah beieinander im Pavillon – so nah, dass ihre Knie sich berührten – und lauschten den Klängen der Harfe und den Liedern des Troubadours, die von Helden erzählten, die um Jungfrauen stritten, um sie zu freien. Doch die Jungfrauen wurden immer älter, alles was ihnen blieb, war Sehnsucht. Umsonst mühen sich all die Reize in Park und Schloss, um ihre Sinne zu berühren, umsonst spucken die Wasserspeier all ihr Wasser in die Luft. Ein paar verirrte Tropfen kühlen die Haut, aber das Feuer in ihrem Herzen lodert weiter. Ihre Schritte führen weiter und weiter – die schönsten Blüten der Welt stehen Spalier – doch sie führen zu keinem Ziel. Blicke, Worte, Küsse und sanfte Berührungen – nicht mehr als eine Scharade. Helden werden im Tod geboren und in Stein gehauen, doch den kalten Stein zu umarmen, bringt keine Erfüllung.IMG_0062IMG_0022IMG_0029IMG_0044

Wenn am Abend die Pracht des Schlosses im Kerzenschein erstrahlt und der Champagner in der Gläsern perlt, wird ihre Schönheit viele Blicke anziehen. Doch ihre Gedanken sind weit weg, sie kehren zurück in den Traum vom blauen Himmel und den farbenfrohen Blumen. Sie wird sich der Hoffnung hingeben, dass ihre heimlichen Wünsche irgendwann einmal wahr werden. Doch das Lächeln der Helden ist in Stein gemeißelt. Ihr Kuss lässt ihr eigenes Herz versteinern. Der Wind weht die Asche einer von der Sehnsucht verbrannten Liebe durch die Nacht …IMG_0034IMG_0049IMG_0057IMG_0063IMG_0064

(Die Bilder entstanden in der Eremitage Bayreuth)


Antworten

  1. Wunderbar in Text und Bild.
    Herzliche Grüße

  2. Ganz hervorragend geschrieben und bebildert. Das 18. Jahrhundert leuchtet auf in seiner unvergleichlichen Pracht. Eine Hommage an die Schönheit einer längst vergangenen, opulenten Epoche.

    Liebe Grüße
    von Constanze


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