Verfasst von: eleucht | 17. März 2018

Vaterland und Muttererde

Ist das Vaterland in Gefahr? Wieder mal? Man will es abschaffen. Einfach so. Aus der Nationalhymne entfernen. Das maskuline Vaterland ist dort fehl am Platz. So heißt es. Machen wir eben mal schnell ein Heimatland draus, ein schönes unverfängliches Neutrum. Singt sich vielleicht auch besser. Oder?

Aber he! Wie sieht es dann mit unserer Muttersprache aus? In der DDR-Schule hatten wir ein Buch, das hieß „Muttersprache“. Hatten unsere Väter vielleicht nicht auch ein bisschen Anteil an unserer Sprache? Man wird ja mal fragen dürfen. So als mutterprachlich nicht ganz unbegabter Mann. Oder machen wir im Zuge der Gleichberechtigung eine Elternsprache daraus? Allerdings – bei näherer Betrachtung dürfte das im Zeitalter gleichgeschlechtlicher Partnerschaften (es gibt ja nicht nur Ehen) auch nicht ganz unproblematisch werden, denn Eltern können neben Mann und Frau ja durchaus auch zwei Männer oder zwei Frauen sein. Und wie passt dann das dritte Geschlecht da rein? Oder ist das nur beim Benutzen öffentlicher Toiletten relevant? Vielleicht könnte man in Zeitalter der Anglizismen aus dem Muttersprachler auch einfach einen native speaker machen? Könnte man mal drüber nachdenken.

Und wie ist das mit dem Mutterwitz, ein Wort, das für Gewitztheit und Schlagfertigkeit steht? Wenn auch Männer darüber verfügen, warum kommt das dann nicht im Wort zum Ausdruck? Oder können Männer nichts anderes, als nur verbissen auf ein T-Bone-Steak zu starren, das sie vorher auf den Grill gewuchtet haben?

Wem das Vaterland schon zu maskulin, ist bei dem geht „brüderlich vereint“ natürlich gar nicht. Kann man verstehen, wenn man sich „Schwesterparteien brüderlich vereint“ vorstellt. Das wäre womöglich ein Fall für die Partei der warmen Brüder.

Am Beispiel der ehemaligen DDR kann man sehen, wie man Probleme mit dem Text der Nationalhymne ganz einfach und ohne großes Aufsehen lösen kann. Man lässt den Text einfach ganz weg. Und schon gibt es kein Vaterland mehr zu besingen. Auch an der ehemaligen DDR-Hymne ließe sich nachträglich noch einiges gendergerecht ändern. Heißt es doch darin „dass nie eine Mutter mehr ihren Sohn beweint“. Johannes R. Becher hätte durchaus bedenken können, dass auch ein Vater seine Tochter beweinen kann, auch wenn er natürlich noch nicht wissen konnte, dass später einmal sogar Frauen das Recht bekommen werden, in Uniform fürs Vaterland – sorry, Heimatland – kämpfen zu dürfen.

Fragen über Fragen, es gibt, wie man sieht, viel zu tun für Gleichstellungsbeauftragte und dergleichen. Wem aber ist letztlich gedient, wenn man in der Nationalhymne aus dem maskulinen Vaterland ein Heimatland macht, so lange es noch Unterschiede in der Bezahlung von Männern und Frauen für den gleichen Job gibt, so lange in den Vorständen der großen Konzerne keine Frauen zu sehen sind, so lange es an gegenseitigem Respekt und an Toleranz mangelt? Statt dessen gibt es nur dieses unsägliche Herumdoktern an unserer Sprache. Die Symbolik in der Sprache ist zweifellos von einer Bedeutung, die man nicht unterschätzen sollte. Gleichzeitig ist sie aber mit den Menschen in Jahrhunderten gewachsen und die Begrifflichkeit der Worte ist nicht so einfach aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein herauszureißen. Daran haben sich schon Despoten aller Coleur versucht, die Nazis im III. Reich ebenso wie die kommunistischen Funktionäre. Die Sprache hat überlebt.

Ist es dagegen nicht eine großartige Vorstellung, dass das Vaterland – und nicht nur dieses – eingebettet ist in der Mutter Erde?


Antworten

  1. Ganz meine Meinung, Eberhard!
    Ich finde dieses Affentheater schon höchst peinlich – nicht zuletzt jedoch beängstigend.


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