„Das Vogtland ist – weil hier konsequent gehandelt wird – noch unter Kontrolle. Es gelingt noch, Kontakte nachzuverfolgen.“
„Ich glaube, dass man an vielen Stellen in Sachsen vom Vogtland lernen kann, wie sie es hier organisiert haben.“
Zwei Zitate von Ministerpräsident Michael Kretzschmer, der am 11. Dezember im Vogtland weilte und Stollen an die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes in Plauen verteilte. Da war die vogtländische Welt noch in Ordnung, und unser Landrat konnte sich in dem Lob, das ihm von höchster Stelle zuteil wurde, sonnen. Rolf Keil versteht sich ausgezeichnet darauf, leutselig in jede Kamera zu lächeln, solang es etwas Positives zu vermelden gibt.
Aber war dem wirklich so? Auf der tiefroten Karte von Sachsen, die die hohe Inzidenz der einzelnen Landkreise zeigte, strahlte der südwestliche Zipfel lange Zeit in lichten Farben und damit eine geringe Anzahl von Infektionen verheißend – das Vogtland.
Dann, ganz plötzlich, explodierten diese Werte, das Vogtland setzte zum Coronasprint an und überholte nicht nur sämtliche Landkreise in Sachsen, sondern in ganz Deutschland. Wir waren Spitzenreiter! Die Nummer 1. Was war passiert? Wie konnte das böse Virus so plötzlich zuschlagen?
Nun ja, das Virus tat, was ein Virus eben tut, es verbreitet sich, wenn es die Gelegenheit dazu hat und wenn man ihm die Gelegenheit dazu gibt. Viele Menschen vertrauten den anfänglichen niedrigen Zahlen, fühlten sich sicher in der Weihnachtszeit.
Das Problem aber war, dass die Zahlen zu diesem Zeitpunkt offenbar schon nicht mehr stimmten. Später hieß es aus dem Landratsamt, es hätte „Probleme bei der Übermittlung“ der Daten an das Robert Koch-Institut gegeben. Ein „Kommunikationsproblem“. Möglicherweise ging auch noch ein bisschen mehr schief im Gesundheitsamt. Der Bürger fragt sich besorgt, was kann da bei der Übermittlung von Zahlen schon falsch laufen? Hatte die Postkutsche Verspätung? Hatte sich die Brieftaube verflogen? Hatte jemand vergessen, Papier im Faxgerät nachzulegen?
An der digitalen Übermittlung konnte es jedenfalls nicht gelegen haben, denn auf diese, so wurde vom Landratsamt versprochen, werde erst Anfang Januar umgestellt. Wir schreiben ja auch erst das Jahr 2021. Da kann man nicht gleich zu viel Digitalisierung erwarten, vor allem wenn es um die Gesundheit der Bürger geht. Schließlich kam die Pandemie ja ganz überraschend übers Land der Vögte. Erst als das Kind in den Brunnen gefallen war, erst als das Vogtland zum einsamen Spitzenreiter bei den Neuinfektionen im Deutschlandvergleich aufstieg, wurde das Gesundheitsamt durch Umsetzungen und Angehörige der Bundeswehr aufgestockt. Das war nicht abzusehen gewesen? Wirklich nicht? Kann man den Verlautbarungen, die aus dem Landratsamt kommen, noch Glauben schenken? Manchmal hat man das Gefühl, dass die Politik, die in China gemacht wird, transparenter ist, als die im Landratsamt Plauen. Kann es einen deutlicheren Hinweis auf verlorenes Vertrauen geben? Ist das einmal verloren, ist es nur schwer, manchmal unmöglich zurückzugewinnen.
Bei Problemen zieht es der Landrat gerne vor, eine Weile unterzutauchen, unsichtbar zu werden. Das war im Jahr zuvor schon so gewesen, als im Vogtland ein neues Abfallentsorgungskonzept eingeführt wurde, das anfangs, gelinde gesagt, nicht gerade optimal ablief. Die Zeitspanne, bis sich der Landrat dazu zu äußern beliebte, berechnete sich nicht in Tagen, sondern in Wochen. Bis dahin hatten die Entsorgungsbetriebe das Chaos durch eigene Initiativen längst in den Griff bekommen.
Auch jetzt ist vom Landrat kaum ein Wort zum Thema Gesundheitsamt in Plauen zu hören. Im MDR gab er ein paar hilflose Phrasen aus dem Handbuch des unbedarften Provinzpolitikers von sich, mit denen er vor allem jede Schuld von sich wies. Keine Frage, Schuld haben immer die anderen.
Da man davon ausgehen kann, dass die Pandemie noch eine Weile dauert und sicher auch noch einige Probleme im Vogtland mit sich bringt, muss man vielleicht damit rechnen, dass der Landrat noch eine Weile in der Versenkung bleiben wird. Mit irgendwelchen Neueröffnungen und Einweihungen, bei denen man mit breitem Grinsen in die Kameras strahlen darf, ist in nächster Zeit ja eher nicht zu rechnen. Hält ein Landrat Winterschlaf?
Aus den Fraktionen des Kreistags hört man verhaltene Kritik am Landrat, keiner nimmt das Wort „Rücktritt“ in den Mund. Man bescheinigt ihm Probleme im Umgang mit der Presse und den Medien. Und das in Zeiten, in denen es eigentlich der Führung bedürfte. Fehler machen alle, kein Mensch ist davor gefeit. Aber hat man ein solches Amt inne, dann hat man auch dazu zu stehen und auch Verantwortung zu übernehmen. Wer das nicht kann, sollte durchaus mal darüber nachdenken, ob er mit dem Vorsitz eines Kleingartenvereins nicht besser bedient wäre.