Posted by: eleucht | 7. August 2012

“Americana” – Neil Young & Crazy Horse

Neil Young ist so etwas wie eine Konstante in meinem Leben, seit ich auf einer Mittelwellenfrequenz im Radio die wöchentliche Hitparade und den Treffpunkt auf RIAS Berlin verfolgen konnte. Damals so etwas wie eine Offenbarung. Titel wie „Heart Of Gold“  und „Old Man“ kamen in jener Zeit durchaus zu Hitparadenehren. Was nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben musste, wenn man bedenkt, dass es in jenen frühen Jahren vorkam, dass Roy Black und Led Zeppelin zur gleichen Zeit in den Top Ten vertreten waren.

Neil Young war zu jeder Zeit sehr produktiv und ließ sich nie auf einen bestimmten Stil festlegen, weswegen er von seiner Plattenfirma auch schon mal verklagt wurde, weil er keine „Hits“ mehr schreiben wollte. Womit der alte Grantler aber genau das Richtige tat, denn die Qualität der Charts ist in den folgenden Jahren nicht gestiegen. Ganz im Gegenteil. Statt in den Belanglosigkeiten, die das Musik-Business in die Charts pusht, unterzugehen, tat er nur noch das, was er wollte. Die Fangemeinde wusste es ihm zu danken und blieb ihm treu, auch wenn nicht jeder bereit war, ihm auf allen seinen Wegen und manchen (scheinbaren) Irrwegen zu folgen, wie etwa seinen Ausflügen in die elektronische Musik. Neil Young ist jemand, der sich in seinen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten keine Grenzen setzt. Und er ist sich selbst all die Jahre über treu geblieben. Seine Einstellung zum Kommerz kommt z.B. auch darin zum Ausdruck, dass er 2007 nach dem Erscheinen seiner CD „Chrome Dreams II“ das Stück „Ordinary People“ zur Promotion an die amerikanischen Radiosender schickte. Wohl wissend, dass heutzutage im Formatradio ein 20-Minuten-Titel keine Chance hat, vorgestellt zu werden. Das Spektrum seiner Musik reicht von bittersüßen Balladen bis zu wüsten Feedbackorgien.

Nun also „Americana“, die neue CD, die er wieder mit Crazy Horse eingespielt hat. Keiner hätte das Etikett „Americana“ eher verdient als Neil Young, obwohl man sich – siehe oben – wohlweislich hüten sollte, ihm überhaupt ein Etikett anzuheften. Statt Eigenkompositionen nimmt sich die Band auf der CD amerikanische Folk-Klassiker vor. Und wer Neil Young & Crazy Horse, die nicht umsonst als beste Garagenband der Welt gilt, kennt, weiß, dass sie auch aus diesem Material etwas ganz Eigenes zu machen wissen. Man drückt den mehr oder weniger bekannten Liedern nicht nur einen Stempel namens Crazy Horse auf, nein, man spürt, hier sind die Musiker zu Hause, und das, was da aus den Boxen kommt, ist nichts anderes als Crazy-Horse-Musik. Sie lassen es dabei natürlich tüchtig krachen. „Clementine“ könnte fast die Fortsetzung von „Like A Hurricane“ sein, zu einem treibenden Rhythmus heulen die Gitarren. „Get A Job“ im schrägen Fünfzigerjahregewand klingt wie Dion & The Belmonts auf Speed.

Lediglich bei „This Land Is Your Land“ gibt man sich etwas zahmer und kommt damit dem Original ein bisschen näher, ehe es dann in der akustische Ballade „Wayfarin‘ Stranger“ noch richtig melodisch wird.

Die CD klingt schließlich mit „God save The Queen“ aus.

Americana? Ja, Neil Young ist schließlich Kanadier, und das nominelle Staatsoberhaupt von Kanada ist nun mal die Queen.

Mich hat die CD vom ersten Song an gepackt. Von Crazy Horse quer durch die Weiten Amerikas und seiner Geschichte geknüppelt, blieb mir gar nichts anderes übrig, als die CD an einem Stück zu hören, um am Ende atemlos festzustellen, dass es eine großartige Reise war.

Cause I come from Alabama

with my B-A-N-J-O on my knees.


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