Posted by: eleucht | 26. Juni 2015

„Revival“ – Stephen King

Revival 001Es sind meist ganz banale, alltägliche Dinge, von denen in den Romanen von Stephen King der Schrecken ausgeht und die Menschen in einen Strudel unheilvoller Ereignisse reißt, ein Auto zum Beispiel, eine Grippe oder ein Hotel. In seinem neuen Buch ist es die Elektrizität.

Jamie Morton ist noch ein Kind, das mit Spielzeugsoldaten Schlachten nachstellt, als er seine erste Begegnung mit Charles Jacobs hat. Der neue Pastor ist in der kleinen Gemeinde sehr beliebt, auch und vor allem bei den Kindern und Jugendlichen, die er mit allerlei elektrischen Spielereien zu verzaubern weiß.

Nach einem traumatischen Erlebnis fällt Reverend Charles Jacobs jedoch vom Glauben ab, eine blasphemische Predigt besiegelt den Abschied von der Gemeinde.

Jamie Morton ist ein mäßig erfolgreicher Rockgitarrist, den die Rauschgiftsucht an den Rand der Gesellschaft gespült hat, als er Charles Jacobs das nächste Mal begegnet. Mit Hilfe der geheimnisvollen Kräfte der Elektrizität, denen der ehemalige Pastor auf der Spur ist, wird Jamie von seiner Sucht befreit, er kann ein neues, selbstbestimmtes Leben beginnen. Und er weiß, wem er das zu verdanken hat. Charles Jacobs verdient sein Geld inzwischen als Schausteller auf Jahrmärkten mit allerlei erstaunlichen Vorführungen.

Die Wege der beiden sollen sich in Zukunft noch öfters kreuzen, als wären sie mit einem unsichtbaren Band verbunden. Pastor Danny, wie sich Jacobs inzwischen nennt, zieht mit einer großen Zeltshow durch die Lande und vollzieht aufsehenerregende Wunderheilungen, wobei er sich schamlos religiöser Rituale bedient. Aber da sind Jamie Morton bereits erste Bedenken gekommen, denn die Heilungen mit Hilfe der Elektrizität haben Nebenwirkungen. Was seine Recherchen schließlich ans Licht bringen, hat er sich in seiner Ungeheuerlichkeit nicht vorstellen können.

Charles Jacobs hat die Maske der Religion längst fallengelassen, als er mit seinem wichtigsten, alles entscheidenden Experiment eines der letzten Mysterien der Menschheit lüften will, und dazu benötigt er die Hilfe von Jamie.

Stephen King mag noch immer das Etikett des King of Horror anhaften, seine Romane haben aber längst die Grenzen des Genres gesprengt. Seine Bücher, in die er zunehmend auch persönliche Erfahrungen einfließen lässt, sind viel mehr ein Spiegel der amerikanischen Gesellschaft. Hinter dem glänzenden Lack der knallbunten Fassade tun sich Abgründe auf, und King ist kein Autor, der diesen aus dem Weg geht. Zunehmend mischt er sich auch in aktuelle politische Diskussionen ein, vertritt in öffentlichkeitswirksamen Statements seine Meinung zur Steuerpolitik oder auch zum Schusswaffengesetz, auch wenn er damit einen Teil seiner Landsleute vor den Kopf stößt. In „Revival“ zeigt King die schamlose kommerzielle Vermarktung der Religion und des Glaubens durch all die eifernden und geifernden Fernsehprediger und Wunderheiler. Mit Pastor Danny hat er eine Figur geschaffen, die mit schnöden Tricks und zweifelhaftem Jahrmarktsbudenzauber den Gläubigen nicht nur das Geld aus der Tasche zieht, sondern, angetrieben von innerer Zerrissenheit, die ganze Religion ad absurdum führen möchte.


Antworten

  1. Danke für den Lese-Tipp!
    Hab früher alles von ihm gelesen, aber in den letzten Jahren eigentlich nicht mehr. MUSS ich nun unbedingt mal nachholen.
    LG, Petra

    • Die Romane sind in den letzten Jahren viel besser und tiefgründiger geworden. Viel Spaß beim Lesen, Petra.
      LG, Eberhard

      • Werde mir bestimmt einige neue Bücher besorgen!

  2. Hey, wollte dich erstmal wissen lassen, dass ich dich für den Liebsten Blog Award nominiert habe (Infos dazu findest du auf meinem Blog). Die Rezension finde ich sehr gelungen. Stephen King habe ich zu meiner Schande bisher nicht gelesen und ich weiß nicht ob ich mich an ihn herantraue. Grund dafür ist, dass ich im Genre Horror Bücher noch praktisch Jungfrau bin. Habe bisher nur “Blutportale” von Heitz gelesen. In Prinzip interessiert es mich aber schon.


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