Manch einer mag Weihnachten nach der Lektüre des Buches vielleicht mit anderen Augen sehen. Sich vielleicht mit Schaudern abwenden. Dabei scheint die Vorstellung eines Landes, in dem an jeden Tag Weihnachten ist, doch verlockend. Aber alles hat seinen Preis …
Dieser Roman von Joe Hill hat den Umfang und das epische Ausmaß der Bücher seines Vaters. Und bei dem handelt es sich um keinen Geringeren als Stephen King. Weit über 700 Seiten führen den Leser ins Christmasland. Er wird froh sein, es am Ende unbeschadet verlassen zu können. Joe Hill erschafft in diesem Roman eine dichte Atmosphäre, die dem Leser die Welt, die Hintergründe und die Geschichte seiner Figuren erschließt. Das ist es, was frappant an die Werke des Herrn Papa erinnert. Und ich meine das keineswegs negativ, auch wenn es sicher Leser geben mag, für die diese mehr oder weniger notwendigen Beschreibungen zu ausschweifend sind. Ich mag es durchaus, wenn sich mir die Welt der agierenden Figuren Stück für Stück erschließt. Ja, und bei denen handelt es sich um Typen, die vom Leben gezeichnet sind, die Fehler gemacht haben und machen und die viele falsche Wege gegangen sind, die manchmal auch mit sich selbst nicht klarkommen, die Erfahrungen mit Drogen gemacht und Psychotherapien hinter sich haben. So wie Victoria McQueen. Man wird das Mädchen trotzdem jeden Augenblick der Lektüre lieben. Na ja, zumindest mögen und verstehen. Victoria verfügt seit ihrer Kindheit über die Gabe, verlorene und verborgene Dinge aufzuspüren. Sie bedient sich dabei einer Brücke, die sich, von ihrer Fantasie erschaffen, in der Wirklichkeit manifestiert. Diese Brücke, die sie mit einem speziellen Fahrrad überquert, führt sie unweigerlich zu ihrem Ziel.
Klar, dass sie eines Tages auch auf das Böse trifft. Das erscheint ihr in Gestalt des Charlie Manx. Sein Geist erschuf jenes geheimnisvolle Christmasland, in das er ausgesuchte Kinder bringt, auf dass sie dort jeden Tag Weihnachten feiern können. Eins ist sicher, er tut das keineswegs uneigennützig. Das Christmasland hat seine Schattenseite, eine sehr dunkle. Victoria McQueen macht schon in früher Jugend Bekanntschaft mit Manx, seitdem verbindet die beiden eine erbitterte Feindschaft. Die Jahre später darin gipfelt, dass Manx Victorias Sohn ins Christmasland entführt. Aber da hat er nicht mit der Entschlossenheit der jungen Mutter gerechnet.
Joe Hill mag eine Vorliebe für Murnaus Nosferatu haben. Der ist in dem Roman in der Gestalt des Charlie Manx allgegenwärtig. Und sein Rolls Royce erinnert mit seinen bösen Eigenschaften an das Auto in Stephen Kings Roman „Christine“. Nette Reminiszenzen.
Victoria kennt den Weg zu Charlie Manx ins Christmasland. Er führt über ihre imaginäre Brücke. Ein Motorrad, eine Triumph, ist ihr neues Gefährt, das sie darüber bringen kann.
Es kommt zu einem der gewaltigsten Showdowns, der je in einem Roman geschrieben wurde – Manx Rolls Royce gegen Victorias Triumph.
Vielleicht wird es den ewigen Heiligabend am Ende gar nicht geben. Es wäre sehr zu hoffen …
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