Posted by: eleucht | 4. Oktober 2022

Deutsche Zeitreise

Eine Zeitreise der besonderen Art kann man derzeit im Museum der vogtländischen Stadt Auerbach erleben. Es ist eine deutsche Zeitreise zurück in eine typische Plattenbauwohnung der DDR in den Achtzigerjahren. Eröffnung dieser speziellen Ausstellung war am 24. September. Wohnzimmer, Küche, Kinderzimmer, Badzeile usw. sind auf einer Etage nachgebaut worden. Zu sehen (und sich zu erinnern) gibt es nicht nur die typischen Möbel, sondern auch jede Menge Alltagsgegenstände und Accessoires, die damals mehr oder weniger zum Leben gehörten. Die polierte Schrankwand, Standard – der Stolz jeder Hausfrau, die mit viel Mühe zum Glänzen gebracht wurde. Und dabei für so manchen Wutausbruch gesorgt haben mag. Man beachte die Größe. Da steckt eine Menge Arbeit drin.

Eine Art politisches Kabinett, randvoll gefüllt mit SED-Propaganda und klugen Sprüchen aus dem Lehrbuch des kleinen Sozialisten, beschwört die dunklen Seiten des Systems herauf. Man kann diese Seite nicht aussparen. Auf einem Tischchen steht das rote Telefon, dessen Hörer offensichtlich ein Stasimitarbeiter in die Hand genommen hat. Das Schildchen MfS-ZPl deutet jedenfalls daraufhin. Wer ein Telefon besaß, war meist auf eine besondere Weise privilegiert.

Schönere Erinnerungen wecken dagegen die Figuren der Kinderfernsehens, liebevoll auf der Lehne einer Couch drapiert, Pittiplatsch und Schnatterinchen, Herr Fuchs und Frau Elster. Die waren regelmäßig Gast beim abendlichen Gruß des Sandmännchens, das in dieser Sammlung natürlich auch nicht fehlen darf. Später fand ich dann allerdings mehr Spaß an Fred Feuerstein und seiner Familie, die im Vorabendprogramm der ARD (hier empfing man den Bayerischen Rundfunk) lief.

Im Kinderzimmer das blaue und rote Halstuch der Pionierorganisationen, blau die Jungpioniere, rot die Thälmannpioniere. Den typischen Knoten hatte man zu lernen.

Es war sicher nicht einfach, all diese Gegenstände in einer Zeit, in der fast alles weggeworfen wurde, zusammenzutragen. Dem Museum sei Dank, dem es gelang, diese Zeit ein bisschen wiederaufleben zu lassen. Sehenswert sicher nicht nur für ehemalige Ostbürger.


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