In den Danksagungen am Ende des Buches schreibt der Autor: „Es gab einen Zeitpunkt, da glaubte ich, dass dieses Buch selbst der Teufel war …“ Dieses Gefühl beschlich mich als Leser auch des Öfteren. An manchen Stellen durchaus. Aber letztendlich lebt das Buch von der Frage, wer sich am Ende als das wirkliche Übel, das abgrundtief Böse erweist – der Teufel oder der Mensch? Wer den Roman gelesen hat, wird die Antwort wissen.
Joe Hill ist mit seinem zweiten Roman einen weiteren großen Schritt aus dem Schatten seines Vaters Stephen King getreten. Aufmerksam wurde ich auf diese Neuerscheinung durch einen Gastbeitrag von Joe Hill im ROLLING STONE, in dem er verriet, dass er als Kind ein großer Fan von Kiss war. Als er mit dem Schreiben von „Teufelszeug“ begann, legte er diese Band nach vielen Jahren das erste Mal wieder auf. Kiss wurden damit wohl zum Soundtrack dieses Romans. Gene Simmons mit seiner Teufelsmaske stand womöglich ein bisschen Pate für Ig Perrish, die zentrale Figur dieser Geschichte. Es geht total abwärts mit dem jungen Mann aus einer wohlhabenden, künstlerischen Familie. Nach einer durchzechten Nacht wacht er verkatert auf und stellt fest, dass ihm Hörner gewachsen sind. Kurz vorher erst war er verhaftet und beschuldigt worden, seine Freundin, die mit ihm Schluss gemacht hat, bestialisch ermordet zu haben. Dass man ihn wenig später wieder freilassen musste, hat er den fehlenden Beweisen und dem Geld und Einfluss seiner Familie zu verdanken.
Fortan wird das Leben für Ig zur Hölle. Es dauert eine Weile, bis er begreift, dass er der Teufel darin ist. Die Hörner entwickeln eine magische (oder besser diabolische) Kraft, unter deren Einfluss jeder die Wahrheit aussprechen muss, das, was er gerade denkt. Und was Ig Perrish und der Leser da zu hören bekommen, ist alles andere als schön. Joe Hill seziert die Figuren seines Romans auf diese Weise zu hasserfüllten Geschöpfen, wo einer des anderen Teufel ist. Zunehmend beginnt man jede Hoffnung auf das Gute im Menschen zu verlieren. Man möchte zu einem Rasiermesser greifen und sich die Kehle durchschneiden. Wenn da nicht, hin und wieder, ein kleiner Lichtblick von Gefühl, von Anteilnahme, ja sogar von Liebe aufflackern würde.
Seine Fähigkeit versetzt Ig Perrish in die Lage, herauszufinden, wer seine geliebte Freundin umgebracht hat, und vor allem, da das ziemlich frühzeitig schon verraten wird, auf welche Weise und aus welchen Gründen. Und wenn man dann glaubt, der Roman habe gerade seinen mentalen Höhepunkt erreicht, schlimmer kann’s gar nicht werden, ein weiterer Höhepunkt ist einfach nicht möglich, setzt Joe Hill noch einen drauf, etwas, das mit Sicherheit keinen Leser unberührt lässt.
„Teufelszeug“ ist kein Horror-Roman, eher ein Thriller mit viel Action und noch mehr Mystery, der unter anderem das Evangelium nach Mick und Keith verkündet, ein Roman, der dreckig und aufregend wie ein Stones-Song ist und einen ebensolchen heißen, pumpenden Rhythmus hat.
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